Persönlichkeiten

Emil Gustav Theodor von Schenckendorff

Emil Gustav Theodor von Schenckendorff

In Görlitz erinnert vor allem die im Jahr 2019 eröffnete  Schenckendorff Sporthalle auf der Hugo-Keller-Straße 15/16 an Emil-von-Schenckendorff. Zudem ist ein weißer Grabstein an der Mauer des neuen Friedhofs der Stadt Görlitz angebracht. Eine Straße und ein Sportplatz, die in der Oststadt den Namen Schenckendorffs trugen, heißen mittlerweile anders.

Im Nachruf auf Herrn von Schenckendorff, verfasst von Oberbürgermeister Georg Snay, heißt es: "Dankbar wird ganz Deutschland stets seiner gedenken, wenn die Männer genannt werden, welche sich Verdienste um die Erziehung und Bildung unserer Jugend erworben haben." Von den Görlitzern vergessen, bewahrte sich Emil von Schenckendorff jedoch bis heute einen Platz in der Pädagogik- und Sportgeschichte.

Leider wissen wir über sein Leben nur fragmentarisch Bescheid. Selbstzeugnisse fehlen in Görlitz ganz, so dass nur einige Facetten seines Tuns über erhalten gebliebene Schriften und Reden bekannt sind. Geboren 1837, begann er nach zwei Berufen im Militär- und Beamtenapparat des preußischen Staates mit 42 Jahren eine neue Karriere als Politiker für die Nationalliberale Partei. Vor allem auf dem Gebiet des Bildungswesens sollte er sich für Reformen einsetzen, die Deutschlands Aufstieg zu einer führenden Wirtschaftsmacht beförderten. Neben traditionellem humanistischem Bildungsgut waren zunehmend "praktische Intelligenz" und "allseitige Arbeitstüchtigkeit" gefragt. Als Gründungsmitglied des Vereins für Knaben-Handfertigkeit machte er es sich zur Aufgabe, fakultativen Werkunterricht für Knaben an den Schulen zu fördern. In Ferienkursen wurden die Lehrer in einer vereinseigenen Lehrerbildungsanstalt in Leipzig für diese neue Aufgabe vorbereitet.
"Die Bewegung für erzieherische Knaben-Handarbeit stellt sich die Aufgabe, die praktischen Tätigkeiten der männlichen Jugend zur Entwicklung zu bringen und erblickt in der methodischen Übung und Schulung der Hand nach der Seite werktätigen Schaffens das geeignete Mittel, diesen bisher noch zurückgetretenen wichtigen Bildungsbedürfnisse zu genügen."


Emil v. Schenckendorff

Gegen die "zerstörerischen Tendenzen der heutigen Zeit" (E. v. Sch.), gemeint waren Sozialdemokratie und die Gewerkschaften, wurde in Görlitz zuerst im Zentralhospital auf der Krölstraße eine Schülerwerkstätte untergebracht, deren begrenzte Anzahl von Plätzen großer Nachfrage vor allem bei Kindern des kleinen Beamten- und des Handwerkerstandes unterlag.
In den späten achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde der Verein für Knaben-Handfertigkeit, der in Görlitz rege Tätigkeit entfaltete, um die Idee des Jugendspiels erweitert. Durch das Engagement von Schenckendorff und dem Gymnasialrektor Dr. Eitner kam unserer Stadt auch auf diesem Gebiet eine Vorreiterrolle zu. Übung und Schulung der körperlichen Kräfte sollten den "heranwachsenden Mensch allseitig in seinen Anlagen entwickeln" (Eitner).
Am 2. September fand in Görlitz bei der Gaststätte Stadt Prag in der Oststadt ein öffentliches Spielfest, unterstützt von Stadträten und Honoratioren, statt. Tausende Görlitzer zog es zu diesem Volksfest, das mit dem Aufmarsch des Militärvereins begann und mit Ballspielen der Knaben der Gemeindeschulen und des Gymnasiums, dem Besuch von Verkaufsständen und Restaurants endete.
Der Zweck der körperlichen Betätigung wird am deutlichsten in einem Artikel von Dr. Eitner: "Denn es wird wohl niemand in Abrede stellen, dass diese wichtige Angelegenheit auch eine hervorragend politische Seite besitzt, insofern es sich darum handelt, unsere Jugend geistig und körperlich geschickt zu machen, damit sie imstande ist, die großen nationalen Aufgaben, deren Lösung ihr als eine historische Notwendigkeit dereinst zufallen wird, auch im Sinne und Geist der Zeit zu lösen."
Als echtes Kind seiner Zeit war Emil von Schenckendorff "Für Kaiser und Vaterland" im preußischen Landtag tätig. Geblieben ist der Werkunterricht an den Schulen und geblieben sind Sportvereine, die in vielfältigster Weise Jugendspiele pflegen.

Persönlich integer mit "verbindlichem, liebenswürdigem Wesen" hatte sich von Schenckendoff "einen großen Kreis dankbarer Freunde in allen Schichten der Bevölkerung erworben" (Nachruf), und er verdient es, heute in die Reihe von bedeutenden Görlitzer Persönlichkeiten gestellt zu werden, die sich für die Förderung des Allgemeinwohls und der Stadt einsetzten.


Lebenslauf

1837 21. Mai in Soldin-Neumark geboren.
zunächst militärische Laufbahn in der preußischen Armee, seit 1857 als Leutnant
1873 im Beamtenstatus eines Telegraphendirektionsrates
beide Berufe musste er wegen gesundheitlicher Probleme aufgeben
1879 Abgeordneter im preußischen Landtag für die Nationalliberale Partei
1878-1881 unbesoldeter Stadtrat in Görlitz
1888-1915 Stadtverordneter in Görlitz
1881 Geschäftsführer des Vereins für Knaben-Handarbeit
(ab 1886 Deutscher Verein für Knaben-Handarbeit
Mitglied des Zentral-Ausschusses zur Förderung der Jugend- und Volksspiele in Deutschland
1911 21. Mai, die Ehrendoktorwürde der Universität Kiel wurde ihm verliehen
1915 im Alter von 77 Jahren verstarb Emil von Schenckendorff in Berlin, Beisetzung auf dem Görlitzer Friedhof


Schriftenauswahl

  • E. v. Schenckendorff, Der praktische Unterricht, Breslau 1880
  • E. v. Schenckendorff, Die Ausgestaltung der Volksschule nach den Bedürfnissen der Gegenwart, Berlin 1895
  • E .v. Schenckendorff und E. Koch, Wie wird das Bewe-gungsspiel im Freien zur Volkssitte?, Braunschweig 1895
  • E. v. Schenckendorff, Die versuchsweise Einführung des Hand-fertigkeits-Unterrichts in einige Schulen und Seminare, Leipzig 1897


Literatur über E. v. Schenckendorff

  • RAG, Acta des Magistrats der Stadt Görlitz betr. Handfertig-keit und Jugendspiel, 80, vol.2, R.14 F.21, 1887 - 1897
  • Und dass. 80, vol.3, R.14 F.21, 1895 - 1907 darin Jahrsberichte des Vereins zur Förderung von Handfertigkeit und Jugendspiel in Görlitz

 

 

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