Nachruf der Stadt Görlitz auf Ehrenbürger Shlomo Graber (1926–2025)
vom 26.08.2025
Mit großer Trauer nimmt die Stadt Görlitz Abschied von Shlomo Graber, einem außergewöhnlichen Menschen, Künstler, Autor und Ehrenbürger der Stadt Görlitz, der am 24. August 2025 im Alter von 99 Jahren in Basel verstorben ist.
Shlomo Graber gehörte zu den letzten noch lebenden Zeugen des Konzentrationslagers Biesnitzer Grund und verkörperte ungebrochenen Überlebenswillen. 1926 in Majdan geboren, wurde er als junger Mann Zeuge der grausamen Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime. 1941 erfolgte die Deportation seiner Familie als Staatenlose nach Polen, 1944 wurde er in das Vernichtungslager Auschwitz verschleppt, anschließend in die Konzentrationslager Fünfteichen und Görlitz gebracht. Mehr als 60 seiner Angehörigen fanden in diesen Jahren den Tod. Am 8. Mai 1945 schließlich wurde er von der Roten Armee befreit.
Trotz dieser unfassbaren Schicksalsschläge blieb Shlomo Graber ein Mensch voller Kraft, Hoffnung und Versöhnungsbereitschaft. Er widmete sein Leben der Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit und der Mahnung für zukünftige Generationen. Seine Texte und seine Kunstwerke sind Zeugnisse, die die Erinnerung wachhalten und zugleich Brücken bauen zwischen den Menschen und Kulturen.
Seit 1989 lebte er als Kunstmaler in Basel, wo er bis ins hohe Alter in seinem Atelier aktiv war. Seine tiefe Verbindung zur Stadt Görlitz, wo er einst furchtbare Leiden durchstehen musste, wurde 2023 durch die Verleihung des Ehrenbürgerrechts durch Oberbürgermeister Octavian Ursu gewürdigt. Dieses Ehrenbürgerrecht war Ausdruck des Respekts und der Dankbarkeit für seinen Mut und sein Engagement.
Shlomo Graber besuchte Görlitz mehrfach und erzählte eindringlich von seiner Leidenszeit, besonders vor jungen Menschen, um das Bewusstsein für die Schrecken des Holocaust wachzuhalten. Seine Besuche und sein Wirken sind unvergessen und bleiben ein wertvolles Erbe für die Stadt und ihre Bürger.
Oberbürgermeister Ursu würdigt sein Lebenswerk und menschliches Vermächtnis: „Shlomo Graber war ein außerordentlicher Mensch, der in seiner Jugend so viel Schreckliches erleben musste und in den Konzentrationslagern mehr als sechs Dutzend Familienangehörige verloren hat. Es ist ihm gelungen, mit diesen Schrecken zu leben, sich für die Aufarbeitung der Zeit des Nationalsozialismus und Versöhnung einzusetzen und mit seinen Texten und seiner Kunst Bleibendes für die Zukunft zu schaffen. Wer mit Shlomo Graber sprach, spürte deutlich seine Verbindung zu Görlitz. Wir werden Shlomo Graber als einen Menschen in Erinnerung behalten, der trotz unvorstellbarer Verluste nie den Glauben an die Menschlichkeit verlor und der mit seiner Kunst und seinem Wort Hoffnung und Mahnung zugleich schenkte. Unser tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie und allen, die ihn kannten und schätzten. Möge sein Andenken uns alle dazu inspirieren, für Frieden, Toleranz und Erinnerung einzustehen.“
Der Stadtrat der Stadt Görlitz hatte am 15. Dezember 2022 einstimmig beschlossen, das Ehrenbürgerrecht an Shlomo Graber zu verleihen. Der Vorschlag dafür wurde von einem Kreis engagierter Bürgerinnen und Bürger aus dem Aktionskreis Görlitz um den ehemaligen Oberbürgermeister Prof. Rolf Karbaum und Joachim Rudolph eingereicht, die Shlomo Graber bei mehreren Besuchen in Görlitz persönlich getroffen hatten und regelmäßig mit ihm in Kontakt standen. Am 6. Mai 2023 hat Shlomo Graber in seinem Atelier in Basel von Oberbürgermeister Octavian Ursu das Ehrenbürgerrecht der Stadt Görlitz verliehen bekommen.