Laut Landesverband der Jüdischen Gemeinden in Sachsen ist die Jüdische Gemeinde in Görlitz zurzeit eine Gemeinde im Aufbau. Aus diesem Grund gilt gegenwärtig weiterhin die seit den Nachkriegsjahren festgelegte Regelung, dass die Jüdische Gemeinde zu Dresden als Rechtsnachfolger der ehemaligen Jüdischen Gemeinde in Görlitz agiert. Für alle religiösen Fragen ist gegenwärtig Landesrabbiner Zsolt Balla aus Leipzig Ansprechpartner.

Dr. Nora Goldenbogen, Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden Sachsen: „Es ist wichtig, dass wir uns alle hier in Görlitz zum Gespräch zusammengefunden haben und miteinander im Gespräch bleiben. Die Geschichte der Thora-Teile darf und muss uns Anlass dafür sein, über die Zukunft jüdischen Lebens in Görlitz nachzudenken und den weiteren Aufbau einer Jüdischen Gemeinde in Görlitz zu unterstützen.“

Zsolt Balla, Landesrabbiner des Freistaates Sachsen: „Mit den gefundenen Teilen der Thora-Rolle ist ein Teil jüdischen Lebens nach Görlitz zurückgekehrt und soll mit dazu beitragen, eine lebendige Gemeinde aufzubauen und mit allen Bürgerinnen und Bürgern dies- und jenseits der Neiße in einen gemeinsamen Austausch zu treten. Die sehr gut erhaltenen Dokumente sollten Teil einer neuen Thora-Rolle werden.“

Octavian Ursu, Oberbürgermeister der Stadt Görlitz: „Nach der Übergabe im Dezember 2021 sehen wir uns als Zwischenbewahrer der wertvollen Dokumentteile. Sehr gern würden wir eine Ausstellung zum Thema im Kulturforum Görlitzer Synagoge organisieren. Auch, um die Geschichte rund um die Dokumentteile soweit wie möglich zu dokumentieren und öffentlich zugänglich zu machen. Die Entscheidung über den weiteren Umgang damit liegt jedoch bei den jüdischen Vertreterinnen und Vertretern. Diese wird die Stadt Görlitz selbstverständlich abwarten und respektieren. Ich begrüße ausdrücklich auch das vielfältige Engagement für die Würdigung und den Neuaufbau jahrhundertealter jüdischer Traditionen in unserer Stadt. Als deutsch-polnische Europastadt tragen wir eine besondere Verantwortung für die Pflege und freie Entfaltung unterschiedlicher Religionen und Konfessionen“.

Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gesprächs waren:

Zsolt Balla, Landesrabbiner des Freistaates Sachsen und Mitglied des Vorstandes der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD)

Shaul Nekrich, Rabbiner der Gemeinde Kassel und Sofer (Thora-Schreiber)

Dr. Nora Goldenbogen, Vorsitzende des Landesverbandes Sachsen der Jüdischen Gemeinden und Direktoriumsmitglied des Zentralrats der Juden

Michael Hurshell, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Dresden

Alex Jacobowitz, Jüdische Gemeinde Görlitz (im Aufbau)

Dr. Thomas Feist, Beauftragter der Sächsischen Staatsregierung für das Jüdische Leben in Sachsen

Octavian Ursu, Oberbürgermeister der Stadt Görlitz

Siegfried Hoche, Ratsarchivar der Stadt Görlitz

Dr. Markus Bauer, Vorsitzender des Förderkreises Görlitzer Synagoge e.V.

Hintergrund:

Das Ratsarchiv der Stadt Görlitz hat im Dezember 2021 Teile einer vermutlich am 9. November 1938 aus der Neuen Synagoge verschwundenen Thora-Rolle durch den Kunnerwitzer Pfarrer Uwe Mader übergeben bekommen. Bei den Dokumentteilen handelt es sich um wichtige Abschnitte einer Thora-Rolle, die mit einem scharfen Schneidwerkzeug herausgetrennt worden sind: Buch Genesis (1. Mose), Teile des Buches Numeri (4. Mose 35, 32 – 36,13) sowie Teile des Deuteronomiums (5. Mose 1,1 – 11,6a – 10 Gebote).