Persönlichkeiten

Jacob Böhme

© Christoph Partsch
Böhme-Grabstein auf dem Nikolaifriedhof Görlitz
© Stefan Mueller

Aktuelles

„DIE SUCHENDEN. Der Jakob-Böhme-Bund“ 

Sonderausstellung der Görlitzer Sammlungen im Kaisertrutz

4. Mai bis 17. November 2024

Weitere Infos

 

»BÖHME für ALLE«

In Kooperation mit der Internationalen Jacob Böhme Gesellschaft eröffneten die Görlitzer Sammlungen die Vortragsreihe »BÖHME FÜR ALLE« 

Ausgewiesene Kenner ihres Fachs und der Schriften und Gedanken Jacob Böhmes werden in dieser öffentlichen Reihe, die von September 2024 bis April 2025 stattfindet, den ersten deutschen Philosophen so allgemeinverständlich wie möglich nahebringen. So soll ein breites Publikum angesprochen werden, das nicht unbedingt über philosophisches Vorwissen verfügen muss. Insgesamt 13 Veranstaltungen spannen einen großen Themenbogen. Die Fachleute dieser Vortragsreihe stammen aus den Bereichen Philosophie, Psychologie, Geschichte, Theologie, Ethik und Literatur. Sie werden jeweils nach ihrer 45minütigen Vorlesung Raum für Fragen und Diskussionen geben.

Überblick über alle Themen und Termine (jeweils 17 Uhr):

5.9.24 Philosophus Teutonicus. Jacob Böhmes Lehren in ihren Grundzügen |  7.11.24 Jacob Böhme gestern und heute: Vom »Ungrund« bis zum »Blade Runner« | 21.11.24 Alles Urdenken geschieht in Bildern. | 5.12.24 Lesung mit Diskussion: Ein Hörstück zu Jacob Böhme (im Auftrag des MDR) | 19.12.24 Über die Natur des Bösen. Anmerkungen eines Psychiaters | 9.1.25 Was geschieht nach dem Tod? Böhmes Seelen- und Jenseitsvorstellung | 23.1.25 Bloß gut, dass Gott auch böse ist. | 6.2.25 Böhmes und Heideggers Gespräche über Gelassenheit in Zeiten des Krieges. | 6.3.25 Jacob Böhme und der Krieg. | 20.3.25 Jacob Böhme und die Bibel. | 3.4.25 Jacob Böhme und die weibliche Seite Gottes. | 10.4.25 »Ein aufsteigender Qual-Fürst«. Sozialkritik bei Jacob Böhme

Veranstaltungsort:
Kulturhistorisches Museum der Görlitzer Sammlungen, Johannes-Wüsten-Saal im Barockhaus, Neißstraße 30, 02826 Görlitz | barrierefreier Zugang

Eintrittspreis: 2 € pro Vortragstermin | Dauer: 1,5 h

Weitere Infos und Termine

Faltblatt

Ausstellung im Schlesischen Museum zu Görlitz

AUSSTELLUNG: LILIENZEIT.

Der mystische Philosoph Jacob Böhme und die Erneuerung der Welt
Schlesisches Museum zu Görlitz

Sonderausstellung vom 31. August 2024 bis zum 2. Februar 2025

Eine Ausstellung des Schlesischen Museums zu Görlitz in Kooperation mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und den Görlitzer Sammlungen für Geschichte und Kultur.
Die Präsentation ist ein Beitrag zu den Jacob-Böhme-Jubiläumsjahren 2024 und 2025 in Görlitz und Zgorzelec.

Erkunden Sie die Gedankenwelt Jacob Böhmes (1575–1624), eines Görlitzer Schuhmachers, der zu den wichtigsten deutschen Denkern zählt! Mit seinen fundamentalen Ideen hat er die Literatur, Philosophie, Religion und Kunst über die Jahrhunderte nachhaltig geprägt.
Aus einer Zeit der Kriege und Katastrophen übermittelt uns Jacob Böhme seine Zukunftsvision. Er war überzeugt, dass sich die Welt wandeln werde, wenn sich die Menschen verändern. In Anlehnung an die Lilie als Symbol der Hoffnung und Erneuerung nannte er die kommende Ära des Friedens „Lilienzeit“.
Die Ausstellung präsentiert die Grundideen Böhmes und verdeutlicht die Kritik, auf die er als schreibender Handwerker und mystischer Philosoph in Görlitz stieß. Allein über Böhmes Netzwerke in Schlesien und in der Oberlausitz fanden seine handschriftlichen Texte Verbreitung. Es wird anschaulich, dass sie vor allem in den Niederlanden und England rezipiert wurden und wie sie im 20. Jahrhundert über verschlungene Pfade an ihre heutigen Aufbewahrungsorte gelangten.

 

Mit der Schau wird die internationale Ausstellungsserie der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden zu Jacob Böhme fortgesetzt. In Görlitz fasziniert die Präsentation besonders durch wertvolle Leihgaben aus der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften. Attraktive multimediale Angebote bereichern das Ausstellungserlebnis und bieten Gelegenheit, Platz zu nehmen und sich in die Gedanken Jacob Böhmes zu vertiefen.

Durch die Ausstellung führt ein Booklet in deutscher, polnischer und englischer Sprache.

Gefördert durch: die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Auswärtige Amt, mitfinanziert mit Steuermitteln auf Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushalts, mit freundlicher Unterstützung der Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien. Konzert „Sjaella“ und Kamishibai-Werkstatt „Jacobs Welten“: Lausitz Festival.

Informationen zum umfangreichen Begleitprogramm der Ausstellung finden Sie hier:

Weitere Infos

 

Kontakt:
Schlesisches Museum zu Görlitz
Brüderstraße 8/Untermarkt 4
02826 Görlitz

kontakt@schlesisches-museum.de

www.schlesisches-museum.de

Telefon: +49 3581 87910

Die Persönlichkeit

Jacob Böhme – der erleuchtete Schuster

Theosoph und Mystiker

Fragt man Nichtgörlitzer nach Jacob Böhme, wird man wohl nur große Fragezeichen und ein Schulterzucken ernten. Und selbst Görlitzer wissen schon viel, wenn sie sich dunkel entsinnen, dass es sich dabei um diesen Schuhmacher und Philosophen handelt, der als der bedeutendste Sohn unserer Stadt gilt. Von Zeitgenossen Böhmes, wie Johannes Kepler oder Galileo Galilei hat sicher jeder schon einmal gehört. Aber Böhme? Ganz Mutige haben vielleicht sogar einmal in seine Bücher geschaut, sie aber entnervt und kopfschüttelnd wieder weggelegt - nicht zu verstehen.

Und noch ein Problem: um 1600 brach in Europa ein neues Zeitalter an - das Zeitalter der Vernunft und des Rationalismus. Das Wissen über unsere Welt explodierte geradezu. Auf den Gebieten der Astronomie, der Physik und der Medizin wurden ständig neue Entdeckungen gemacht. Plötzlich brauchte man die Religion nicht mehr unbedingt, um die Welt zu erklären. Und da glaubte dieser kleine Schuster mit seiner Dorfschulbildung den Menschen einen neuen Weg zu Gott zeigen zu können?
1517 hatte Martin Luther mit seinem Protest gegen den Ablasshandel der römischen Kirche eine lange in der Luft liegende Reformation und sogar eine Kirchenspaltung ausgelöst. Der Versuch einer sozialen Fortführung dieser Bestrebungen im Bauernkrieg scheiterte. Die Fürsten der deutschen Kleinstaaten nutzten die entstandenen protestantischen Landeskirchen als Instrument in ihrem Bestreben nach Emanzipation von Reich und Kaiser.
Und die neue evangelische Konfession erstarrte schnell in festgelegten Denkformen und Dogmen. Sie hatte durch ihre Institutionalisierung längst jegliche Progressivität eingebüßt. Das Luthertum wandelte sich zu einer Familienfrömmigkeit des einfachen Volkes, das seiner Obrigkeit gehorsam dient. Hort dieser lutherischen Orthodoxie war Kursachsen. Jede Abweichung wurde verfolgt - auch Jacob Böhme bekam dies zu spüren.
Eine Antwort auf diese Entwicklung war der schon erwähnte naturwissenschaftliche Rationalismus. Der progressive Flügel der Reformation aber, darunter auch Jacob Böhme, wich in die Mystik und die Naturphilosophie aus. Sie standen in der Tradition mittelalterlicher Bewegung gegen die institutionalisierte Kirche. Hier wurden erneut die Fragen nach der "wahren" Reformation, nach einer menschenwürdigen Gesellschaft, nach einem schöpferischen Verhältnis zur Natur gestellt. Dabei berief man sich auf ein nicht orthodox eingeengtes Christentum. Neue Gottesvorstellungen tauchten auf. Das Wesen Gottes wurde gleichgesetzt mit dem Wesen der Welt (Pantheismus). Die Einheit von Mensch und Gott sollte unter Ausschaltung der Priesterhierarchie möglich sein.
Hier zeigte sich ein neues Menschenbild. Der aktive, schicksalsgestaltende Mensch war nicht mehr passiv ausgeliefert, sondern löste sich von den mittelalterlichen Fesseln, um die Natur zu erkennen und zu gestalten. Gott erwuchs aus dieser Selbsterkenntnis des Menschen heraus.
Sprache und Stil der Werke Böhmes machen einen Zugang zu ihnen nicht einfach. Sie sind vor allem aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. Ob sie einem heute noch etwas geben, sollte jeder für sich selbst entscheiden. Was bleibt, ist der Beitrag Böhmes zur Philosophiegeschichte. Der in der Oberlausitz starke Pietismus und die Romantik wurden von seinen Ideen beeinflusst. Vor allem die klassische deutsche Philosophie stand in der Tradition der Dialektik Böhmes. Zeitlos aber bleiben der Mut und die Geradlinigkeit Böhmes, sein Eintreten gegen Engstirnigkeit und für ein selbstbewusstes freies Denken, das uns noch heute Respekt abnötigt.


Lebenslauf

1575
Jacob Böhme wurde in Alt-Seidenberg (heute Stary Zawidów, PL) als viertes von fünf Kindern eines relativ wohlhabenden Bauern geboren.

1599
Nach der Erlernung des Schusterhandwerks, Wander- und Gesellenjahren, wird Böhme in diesem Jahr Meister und Bürger von Görlitz. Er heiratet Katharina Kuntzschmann, die 19jährige Tochter eines Görlitzer Fleischermeisters, kauft ein Haus vor dem Neißtor (heute ul. I. Daszynskiego in Zgorzelec) und mietet eine Schuhbank auf dem Untermarkt. In den folgenden Jahren werden dem Paar vier Söhne geboren.

1610
Nachdem Böhme bereits 1608 sein erstes Haus wieder verkauft hatte, kauft er nun sein zweites Haus direkt an der Brücke und am Ostausgang der Stadt und damit für sein Handwerk verkehrsgünstiger gelegen. Das Haus wird wahrscheinlich schon im 30jährigen Krieg zerstört. Das letzte Haus auf dem Grundstück wird 1905 im Zuge der Baumaßnahmen für die neue Altstadtbrücke abgerissen.

1612
Bis hierhin führte Böhme ein unauffälliges Leben. Doch nun schreibt er die "Aurora", sein bekanntestes Werk. Sein Handwerk tritt bei dieser Arbeit allmählich in den Hintergrund, bis er es ganz aufgibt und seine Schuhbank verkauft. Die Schrift findet durch Förderer schnell Verbreitung. Auf Betreiben des Görlitzer Oberpastors Gregor Richter wird eine Untersuchung gegen Böhme angestrengt. Der Stadtrat unter Bartholomäus Scultetus verwarnt Böhme aber lediglich, verhängt ein Schreibverbot und konfisziert das Original der "Morgenröte".
In den folgenden Jahren veröffentlichte Böhme dann auch keine Schriften, entwickelte aber seine theosophischen Gedanken durch das Studium paracelsischer und alchimistischer Bücher und im Verkehr mit Gleichgesinnten weiter. Er traf sich mit Ärzten, Humanisten und interessierten Adligen. Um die Familie zu ernähren, betrieben Böhme und seine Frau einen Garnhandel, der mit vielen Reisen verbunden war.

1618
Böhme beginnt auf Drängen seiner Freunde wieder zu schreiben. Der Ausbruch des 30jährigen Krieges hatte den Fernhandel ohnehin zum Erliegen gebracht und Böhmes Handelstätigkeit eingeschränkt. Unter dem Eindruck des Krieges will Böhme sich ab jetzt ausschließlich philosophisch betätigen. Er sieht die alten kirchlichen Verhältnisse zugrunde gehen und stellt sich die Erweckung der Christenheit durch eine neue große Reformation zum Ziel. Dazu versucht er eine Gemeinde Gleichgesinnter zu schaffen, schreibt Buch um Buch und gerät in immer stärkere wirtschaftliche Abhängigkeit von seinen Gönnern.

1624
Nach dem Erscheinen einer gedruckten Schrift von Böhme kommt es erneut zur Auseinandersetzung mit Gregor Richter. Böhme stirbt am 16. November in Görlitz. Er wird auf dem Nikolaifriedhof beigesetzt. Der Diakon muss vom Rat gezwungen werden, die Grabrede zu halten. Das Grabkreuz wird bereits nach wenigen Tagen geschändet. Katharina überlebt ihren Mann nur um ein Jahr.

Schriftenauswahl

  • Aurora oder die Morgenröte im Aufgang. 1612/13.
  • Beschreibung der drei Prinzipien göttlichen Wesens (De tribus principiis). 1619.
  • Von der Geburt und Bezeichnung aller Wesen (De signatrura rerum). 1621/22.
  • Erklärung über das erste Buch Mosis (Mysterium Magnum). 1622/23.


Literatur über Jacob Böhme

  • Jecht, Richard: Die Lebensumstände Jacob Böhmes. In: Neues Lausitzisches Magazin. Zeitschrift der Oberlausitzischen Ge-sellschaft der Wissenschaften. Bd. 100. Görlitz, 1924. S. 179-248.
  • Voigt, Felix: Beiträge zum Verständnis Jacob Böhmes. Vom Wesen seiner Persönlichkeit und seiner Gedankenwelt. In: Neues Lausitzisches Magazin. Zeitschrift der Oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften. Bd. 100. Görlitz, 1924. S. 249-301.
  • Lemper, Ernst-Heinz: Jacob Böhme. Leben und Werk. Berlin (DDR): Union, 1976.
  • Jacob-Böhme-Symposium. Görlitz, 15. und 16. November 1974. Veranstaltet vom Rat der Stadt Görlitz und vom Zentralinstitut für Philosophie der AdW der DDR. Protokollband. Hg.: Rat der Stadt Görlitz. Görlitz, 1977. (Schriftenreihe des Ratsarchivs der Stadt Görlitz, Bd. 8)


Internationales Jacob-Böhme-Institut e.V.

Die Arbeit des Internationalen Jacob Böhme-Instituts (IJBI) ist am Ort, in dem Jacob Böhme den größten Teil seines Lebens verbrachte, in Görlitz/Oberlausitz, dem Leben und Werk dieses Philosophen gewidmet. Im einzelnen verfolgt das IJBI den Anspruch, die wissenschaftliche und nicht wissenschaftlich ambitionierte Beschäftigung mit Jacob Böhme zu fördern, die Erforschung und Darstellung seiner Lehre, seiner Schriften, seiner Quellen und Nachwirkung sowie der historischen Umstände seines Lebens zu unterstützen sowie ein Forum zu schaffen für den Austausch zwischen Wissenschaftlern, Künstlern und anderen am Werk Jacob Böhmes Interessierten. Das IJBI steht hierzu in engem Kontakt mit der Oberlausitzischen Bibliothek der Wissenschaften (OLB) in Görlitz, die mit ihrer reichen Sammlung an Böhme-Ausgaben und Forschungsliteratur vor Ort ideale Voraussetzungen bietet sowohl für die Auseinandersetzung mit Fragen der Philologie als auch für die Vertiefung in Einzelaspekte der Böhmeschen Lehre.

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Auf den Spuren von Jacob Böhme in Görlitz

Jacob Böhme gilt als der berühmteste Sohn der Stadt Görlitz. Noch heute kann man sich auf seine Spuren in der Europastadt begeben, Lebens- und Wirkungsorte, Orte der Gedankenwelt und Orte der Erinnerung entdecken. Alle Informationen enthält die aktuelle Webpräsenz www.jacob-boehme-goerlitz.com.

Auf den Spuren von Jacob Böhme in Görlitz

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