Persönlichkeiten

Martin Moller

Martin Moller

Hilf, Herr, hilf in Angst und Not!
Erbarm dich mein, du treuer Gott!
Ich bin ja doch ein liebes Kind
Trotz Teufel, Welt und aller Sünd.
Verlass mich gänzlich auf dein Wort.
Hilf, Helfer, hilf, du treuer Gott.

So dichtet Martin Moller 1596 in einem seiner Kirchenlieder. Er ist zu dieser Zeit seit über 20 Jahren lutherischer Pfarrer in Sprottau (Niederschlesien). Dorthin hat ihn der Sprottauer Magistrat berufen, nachdem Moller während seiner fast dreijährigen Kantorats- und kurzer Pfarrtätigkeit in Kesselsdorf und Löwenberg offensichtlich als Prediger auf sich aufmerksam gemacht hat. Martin Moller wird Pfarrer, ohne je Theologie studiert zu haben. In Sprottau muss sich die evangelische Gemeinde die Kirche mit der katholischen teilen. Das Attribut, ein "friedfertiger und praktischer Theologe" zu sein, mag sich Martin Moller vor allem dort erworben haben. So entstehen auch seine beiden Hauptschriften (s. u.) in Sprottau bzw. sind ein Ergebnis seiner Sprottauer Zeit. "Praxis Evangeliorum" erscheint, obgleich hauptsächlich noch in Sprottau geschrieben, erst 1601 in Görlitz, nachdem ihn der dortige Magistrat als Oberpfarrer in die Neißestadt berufen hat. Vermutlich will sich Martin Moller mit dieser Schrift dem Görlitzer Rat, den Pfarrern, denen er vorstehen soll, und den Görlitzer Gelehrten am Gymnasium empfehlen. Ungeachtet dessen zeichnen sich seine Erbauungsschriften durch das Bestreben aus, gerade von den einfachen Leuten verstanden zu werden. Sie werden bald in mehrere Sprachen übersetzt.
Es ist für Martin Moller gewissermaßen eine Rückkehr nach Görlitz, denn dort hatte er von 1566 bis 1568 das gerade gegründete Gymnasium besucht. Er war seinerzeit von der Stadtschule in Wittenberg, einer sogenannten Lateinschule, nach Görlitz gewechselt. (In der Nähe von Wittenberg, in Kropstädt, wurde Martin Moller im Jahr 1547 geboren. Sein Geburtstag ist nicht bekannt.)
Hilf, Helfer, hilf in Angst und Not!
Martin Moller nimmt auf, was die Menschen seiner Zeit sehr beschäftigt - und das ist eine große Angst. Die ist nicht unbegründet, denn die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts ist eine Zeit politischer Spannungen. Ein Machtkampf zwischen den beiden großen europäischen Rivalen Frankreich und Spanien steht an. Viele befürchten eine Katastrophe, die die Welt in den Untergang führen wird. Zudem zeichnet sich die große Auseinandersetzung zwischen den katholischen und den evangelischen Mächten ab, der Dreißigjährige Krieg wirft seine Schatten voraus. Die Türken bedrohen seit langem das Deutsche Reich. Die Welt des Feudalismus, des alles beherrschenden Adels, geht zu Ende. Das Bürgertum erstarkt. Es herrscht Umbruchstimmung. Die Menschen sind sich ihres Daseins nicht mehr sicher. Sie spüren, dass sich ihr Leben zwischen Himmel und Hölle abspielt; gerade jetzt wird ihnen bewusst, wie wichtig der Glaube ist, und dass Jesus Christus allein helfen kann, in diesem Kampf zwischen Gott und Teufel auf der richtigen Seite zu bleiben.
Man spürt es bei Mollers Kirchenliedern, dass er der Generation nach Martin Luther angehört. In Luthers Liedern werden die großen Anliegen der Kirche ausgesprochen: die Vergewisserung der Grundlage der Kirche, die Grundlagen des Glaubens, die Rechtfertigung allein aus Gnaden und das Wort Gottes. Jetzt, bei Martin Moller, drängt sich das Persönliche
vor die großen Anliegen der Gemeinde. Statt auf die großen Taten Gottes allgemein ist der Blick auf die kleinen Dinge des Lebens gerichtet, für die er seine Hilfe zusagt.
Hilf, Herr, hilf in Angst und Not!
Erbarm dich meiner, du treuer Gott!
Hat Martin Moller eine Vorahnung von dem, was ihm in naher Zukunft in Görlitz widerfahren wird? Zunächst die böse, lebensgefährliche Verdächtigung, ein verkappter (Krypto-) Calvinist zu sein. Dies wirft ihm 1601 der Wittenberger lutherische Theologieprofessor Salomon Gesler vor und belegt dies mit Predigten aus Mollers "Praxis Evangeliorum".
In einer Zeit, in der man froh ist, einigermaßen die Zerwürfnisse ausgeglichen zu haben, die zwischen der lutherischen und der melanchthonschen Schule nach dem Tode Luthers entstanden waren und die Ergebnisse der wittenbergischen Reformation zu gefährden drohten, soll es in den lutherischen Landeskirchen unter keinen Umständen zu neuen Zerwürfnissen infolge einer Unterwanderung durch die schweizerische (calvinistische) Reformation kommen. (Wie gefährlich der Vorwurf des Kryptocalvinismus werden kann, wird deutlich am Beispiel des kursächsischen Kanzlers Nikolaus Krell, der in diesem Jahr 1601 als Landfriedensbrecher und Hochverräter enthauptet wird, weil er Pfarrstellen mit Calvinisten besetzt hat.) Der Rat von Görlitz steht fest zu Martin Moller.
Die Legende erzählt, Moller habe bestimmt, nach seinem Tod auf seinem Grab eine Linde mit der Krone in die Erde einzupflanzen. Wenn die Wurzeln grünen sollten, so sei erwiesen, dass seine Schriften mit Gottes Wort und den reinen Kirchenlehren übereinstimmten. So geschah es.
Zuvor aber "setzte ihn Gott ... in einen solchen Creutz-Stand, der gewiss Mitleidenswürdig war. Denn er kam anno 1605 im 58. Jahr seines Alters um sein Gesicht, also dass er sich die Texte, darüber er zu predigen gesonnen war, vorlesen lassen musste. Nichts desto weniger aber wartete er sein Amt, ohngeachtet ihm nicht allein die Augen ihren Dienst versagten, sondern auch die Stein-Schmerzten hefftige Passiones machten, unausgesetzt treufleißig fort, bis er 1606 den 2. Martii im 59. Jahr seines Alters von der Welt Abschied nahm" (Samuel Großer) und auf dem Görlitzer Nikolaifriedhof beigesetzt wurde.

 

Lebenslauf

1547 in Kropstädt bei Wittenberg geboren, sein Geburtstag ist nicht bekannt, wohl aber als Tauftag der 11.11.

1558 Schulbesuch beim "Glöckner, ... welcher ihm die Pietät, nebst Lesen und Schreiben und der Grammatica beygebracht"
danach sechseinhalb Jahre Besuch der Stadtschule in Wittenberg
auf dem Gymnasium in Görlitz
Kantor (Lehrer) und Pfarrer in Kesselsdorf und Löwenberg (Niederschlesien). Am 23. April 1572 in Wittenberg ordiniert.

1575-1600 Pfarrer in Sprottau

1606 am 2. März, gestorben
Dichter einiger Kirchenlieder, von denen manche Nachdichtungen alter lateinischer Hymnen sind
Verfasser viel gelesener Andachtsbücher


Schriftenauswahl

  • Meditationes sanctorum patrium. Schöne Gebete, tröstliche Sprüche, gottselige Gedanken, treue Bußvermahnungen, herzliche Danksagungen und allerlei nützliche Übungen des Glaubens aus den heiligen Altvätern Augustinus, Bernhard Tauler. 1584.
  • Praxis Evangeliorum. Görlitz, 1601.

 

Literatur über Martin Moller

  • Funcke, Christian Gabriel: Kurtzer Entwurff der Lebens-Geschichte aller bey dem Görlitzischen Kirchen-Dienste gewesenen Geistlichen Personen. 1711.
  • Großer, Samuel: Lausitzische Merckwürdigkeiten: Darinnen von Beyden Marggraffthümern in fünff unterschiedenen Theilen den wichtigsten Geschichten ... Nachricht gegeben ... - Leipzig und Bautzen, 1714.
  • Erhardt, Siegismund Justus: Prebyterologie des Evangelischen Schlesiens. 1783.
  • Axmacher, Elke: Praxis Evangeliorum. Theologie und Frömmigkeit bei Martin Moller; Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Band 43. Göttingen, 1989.

 

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